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Geologischer Begriff: Zerrkluft

Synonyme: Zerrklüfte, Alpine Zerrkluft, Alpine Zerrklüfte, Mineralkluft, Mineralklüfte, Kristallkluft
Alpine Zerrklüfte entstanden während und nach der Deckenüberschiebung vor 20-10 Mio. Jahren. Die Gesteine waren in 6-12km Tiefe Temperaturen von ca. 200 - 440° und sehr hohen Drücken ausgesetzt.
Durch diese Vorgänge und Bedingungen zerbrachen Gesteine und es entstanden zwei Arten alpiner Zerrklüfte:
Einerseits viele kleine Störungen, welche in Scharen auftreten können und Löcher zwischen zerbrochenen, leicht verschobenen Gesteinen verursachten. In diese Klüfte flossen heisse Tiefengrundwässer und ermöglichten ein Kristallwachstum.
Andererseits entstanden Boudinklüfte, wie folgt: Wenn Druck senkrecht auf die Gesteinsschichten erfolgt, werden die verschiedenen Gesteinslagen dadurch auseinandergezogen. Inkompetente Lagen können während der Verformung bereits fliessen (duktiles Fliessen in festem Zustand). Die festeren Gesteinsschichten verformen sich spröd und brechen bei zu starker Dehnung. Siehe auch Geologischer Begriff Boudinage. Wenn sich die durch Zerbrechung entstandenen Lücken nicht sofort wieder mit Material aus den inkompetenten Schichten füllen, verbleiben Hohlräume (Zerrklüfte).
Jede Kluft war mit heissen Tiefengrundwässern mit ebenso hohem Druck wie das Umgebungsgestein gefüllt, sonst wäre die Mineralkluft durch den Druck auf das Umgebungsgestein eingestürzt. Die Tiefengrundwässer (Fluids) enthalten gelöste Salze und Gase. Sie lösen Minerale aus dem Umgebungsgestein.
Während der Anhebung der Alpen um mehrere 1000m nahmen der Druck und die Temperatur langsam ab und ein Teil der Mineralien löste sich wiederum aus dem Fluid und setzten sich vor allem an den Wänden der Mineralklüfte fest. Solange es in diesen Kristallklüften genug Platz gab und die Temperatur nicht unter 200° sank, konnten die Kluftmineralien wachsen und schöne Formen ausbilden.
Die Strahler und Mineraliensammler können deshalb aufgrund des Gesteins um eine Zerrkluft voraussagen, welche Mineralien wahrscheinlich darin zu finden sein werden. In einer Zerrkluft können z.B. Bergkristalle wachsen. Bis jedoch in einer Kristallkluft ein Bergkristall von 10cm Höhe gewachsen ist, dauert es ungefähr 200'000 Jahre!
Bergkristall, frisch aus Kluft, Grösse ca. 4cm. Binntal. Wallis
Bergkristall, frisch aus Kluft, Grösse ca. 4cm. Binntal. Wallis
Zerrkluft mit Quarzkristallen in einem Felsblock.
Zerrkluft mit Quarzkristallen in einem Felsblock.
Die Kristallkluft misst ca. 5x10cm. Binntal, Wallis
Ca. 20cm breites Stück einer Kluftwand aus einer Zerrkluft, an welcher Bergkristalle wachsen konnten. Binntal, Wallis
Ca. 20cm breites Stück einer Kluftwand aus einer Zerrkluft, an welcher Bergkristalle wachsen konnten. Binntal, Wallis
Nebst den bekannten und häufigen Bergkristallen aus Quarz kann man in alpinen Zerrklüften eine Vielfalt an weiteren Mineralien von schöner und besonderer Form finden.
Magnetit. Kantenlänge: 3mm. Binntal, Wallis
Magnetit. Kantenlänge: 3mm. Binntal, Wallis
Rutilnadeln. Länge: 5mm. Binntal, Wallis
Rutilnadeln. Länge: 5mm. Binntal, Wallis
Anatas-Kügelchen. Grösse total: 2.5mm. Binntal, Wallis
Anatas-Kügelchen. Grösse total: 2.5mm. Binntal, Wallis
Manche alpine Zerrkluft wurde jedoch vollständig mit Mineralien ausgefüllt. Die Mineralien hatten keinen Platz, um freistehend zu wachsen. Sie sind eng miteinander verzahnt. Derart gefüllte Klüfte kann man als Adern und Gänge in den Gesteinen entdecken.
Ader in einem Felsblock aus Bündnerschiefer.
Ader in einem Felsblock aus Bündnerschiefer.
Die 1-2cm dicke Ader hat die Struktur einer Boudinage.
Weitere Fotos zum Thema 'Geologischer Begriff: Zerrkluft' auf BergFotos.ch anzeigen... (Externer Link)
Quellen: [1] [3] und eigene Beobachtungen.
Erstellt: 27.04.2020
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